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Donnerstag, 14 April 2016 09:40

30.3.-3.4.2016 - Fotoworkshop Anfänger

Geschrieben von 
Da ist es wieder, dieses fulminant-pikante Frühstück, das schon lange zu einem elementaren Teil der FREIRAUM-Workshops in Glückstadt geworden ist. Ilona Diedrichsen, die charmante Gastgeberin, hat ´mal wieder aufgetischt: selbstgemachte, experimentelle Marmeladen (Ananas mit Zucchini, Apfel mit Kohl, Mirabelle) feinste Fischsalate, Honigmelone mit Schinken, Rührei, Spiegelei, gekochtes Ei, und dazu bewährte und exotische Teesorten. Nur Geschmacksvolltreffer rundum, garniert mit Salaten und Gemüse und immer einem freundlich-erheiternden Wort dazwischen.
Ja, ich gestehe, das ist sicher ein ungewöhnlicher Einstieg, um von einem Foto-Workshop zu berichten. Es ist aber nun einmal von Bedeutung, dass diese überaus gute Stimmung und Atmosphäre in dem den kleinen, feinen Hotel „Brückenhaus“ am Glückstädter Binnenhafen nicht nur auf Lernerfolg und Verinnerlichung der Lichtbildkunst basiert, sondern eben auch auf diesem Wohn- und Genusserlebnis am Hafenrand. Da hat man nur wenige Schritte vom Bett in den Workshopraum (Theorie) und von dort nur ein paar Schritte mehr in´s Freie (Praxis). Beim Blick aus dem Zimmer glaubt man sich fast auf den schaukelnden Planken der dümpelnden Segelboote.

Nun aber genug, jetzt geht´s zur Fotografie.
Und weil die meisten Teilnehmer einen ersten ernsthaften Blick auf dieses Metier richten, scheint sich da erst einmal ein riesiger Berg an mysteriös-Neuem aufzubauen, das man nach den fünf Tagen Workshop wohl unverdaut mit nach Hause schleppen muss. Auf unseren Hinweis, dass noch niemand diesen Ort ohne eine ordentliche Portion fotografisches Wissen und Können glücklich bis begeistert verlassen hat, ernten wir erst einmal ungläubige Blicke.
Mein Mit-Referent Bernd und ich können verstehen, dass man bei all diesen neuen Begriffssegmenten lieber erst einmal in Deckung gehen möchte. Hinzu kommt, dass ab sofort die Automatik automatisch ausgedient hat. Ab jetzt wird manuell fotografiert: Blende, Zeit und Iso-Wert per Hand eingestellt, richtig belichtet per Grauwert, Schärfenebene selbst bestimmt über die vorgegebene Blenderöffnung, die sich aber auch wieder unterschiedlich auswirkt auf die Wahl der Brennweite. Ja, da kann man schon ein wenig in´s Schlingern kommen.

Von der Theorie zur Praxis
Vor dem Inhalieren und Beherrschen dieser vermeintlichen Geheimnisse sind alle gleich. Egal welchen Alters, ob Akademiker, Hausfrau (kann natürlich auch Akademikerin sein), Kfz-Mechaniker, Manager und Ruheständler: Die Herausforderungen müssen auf logischer aber auch emotionaler Ebene bewältigt werden. Wer über eine gute Vorstellungskraft und visuelles Denken verfügt, ist schon einmal einen Schritt voraus.
Wie immer bei unseren Anfänger-Workshops wechselt die Theorie mit der Praxis. So steht eine Einführung in die Grundlagen der Fotografie am Anfang. Anschaulich präsentiert und zügig oder auch schleppend verstanden. Dann geht es hinaus an den Hafenrand zur praktischen Beweisführung. Wer ein wenig hinterher hinkt oder das gerade Gezeigte noch nicht richtig sortiert hat, bekommt eine Einzelbehandlung. Hier zahlt sich aus, dass auch wir gelernt haben: Kleine Gruppen mit zwei oder gar drei Referenten. Zehn oder gar zwölf Teilnehmer und nur ein Referent: Da bleibt der Einzelne oft auf der Strecke.
So nähern sich die Teilnehmer Stück für Stück dem mysteriösen Grauwert und starten ihre Versuche, die Schärfentiefe zu bestimmen durch unterschiedliche Blendenöffnungen und Einsatz verschiedener Brennweiten.
Und früher oder später wird dann klar, dass Blende, Zeit und Iso nicht nur für die richtige Belichtung wichtig sind, sondern dass am Anfang immer die Frage und Entscheidung steht: Wie gestalte ich mein Bild !!! - Über die Wahl der Blende oder der Zeit.

Spuren im Sand
Am nächsten Tag geht es dann hinaus in die weite Welt. Nach eineinhalb Stunden Autofahrt erreichen wir den gigantischen Strand von St. Peter-Ording: Landschaft-Fotografie direkt am Meer. Hier kann man Bilder gut ordnen und kleinste Details suchen, finden und gestalten. Die Pfahlbauten auf freier Fläche bieten ideale Bedingungen, um zu einer klaren Bildsprache zu gelangen. Und Fußabdrücke im feuchten Sand, Muscheln, Algen und vom Wasser geformte Sandwellen bieten grafische Strukturen bester Güte.
Zu einem wahren Traum wird zum Abschluss unser Besuch am Westerhöver Leuchtturm. Obwohl wir schon oft hier waren, haben wir noch nie einen solchen Sonnenuntergang erlebt. Dazu haben wir einen neuen Standort gefunden, der das traditionelle Bauwerk ideal vor den glühenden Planeten setzt. Garniert wird das ganze durch Vogelschwärme, die sich markant vor dem gleißenden Licht abzeichnen.

Am nächsten Tag werden - natürlich wieder nach einem opulenten Frühstück - die Bilder vom Meer auf das Laptop übertragen, mit einem Bildbearbeitungsprogramm geordnet und digital entwickelt. "Auch das noch“ denkt der eine oder die andere bei dieser Aufgabe. Aber schon nach einer kurzen, intensiven Einweisung setzt die Verzückung an. Jetzt zeigt sich der wahre Wert der digitalen Fotografie. Durch die schnelle Anschaulichkeit und die unbegrenzten Gestaltungsmöglichkeiten werden völlig neue fotografische Arbeitsabläufe geboten. Und Bernd und ich wissen schon, es wird sein wie immer: Wenn die Grundsicherheit da ist, setzt die Gefahr der Sucht ein.

Hamburg ist unser Ziel am Nachmittag nach der Bildbearbeitung. Das „Tor zu Welt“ zeigt ich am besten im Hafen, in der historischen Speicherstadt und der protz-modernen Hafen-City. Beim Übergang vom Tageslicht in die Dämmerung und schließlich Dunkelheit erleben die Teilnehmer, wie unterschiedlich Motive bei verschiedenen Lichtsituationen rational und emotional wahrgenommen werden.

Alles ohne Zeitdruck
Am nächsten Vormittag freuen sich schon alle auf die neuen Bilder,- und ihre zunehmende Sicherheit im Umgang bei der Bildbearbeitung. Natürlich hilft dabei die richtige Vorbereitung (Frühstück). Heute nehmen wir uns noch einmal die Zeit, letzte Klarheiten zu schaffen und Unsicherheiten den Garaus zu machen. Alles ohne Zeitdruck. Wir finden sogar Muse zu einem kleinen, eingeschobenen Portrait-Workshop, bei dem sich die Teilnehmer und Referenten gegenseitig zum Model machen.
Thema ist dabei die nonverbale Kommunikation, die auch bei der Reportage- und Street-Fotografie Schlüssel zum Erfolg ist. Inzwischen füllt Selbstsicherheit den Raum und die Erkenntnis, dass alles gar nicht "so schlimm" ist, wie noch vor einigen Tagen befürchtet. Konzentrieren ja, aber auch locker bleiben dabei. Wie immer im Leben, wenn man Neues Lernen und Erleben will. Angst, Verkrampfung und Selbstzweifel sind schlechte Ratgeber, wenn man sich auf den Weg macht in neue Welten.

Der Abschied am letzten Tag nach einer gemeinsamen Bildbesprechung und Schau der besten Bilder fällt schwer. Unser kleine Gruppe ist zusammengewachsen durch gemeinsame Erlebnisse. Wir haben zusammen gedacht, gemacht und gelacht.
Niemand wird diese Tage vergessen: Den Start vom Knipser zum Fotografen.

Und es wird ein wenig Sehnsucht bleiben nach dem schönen Glückstadt. Und natürlich: nach Ilonas leckerem Frühstück…
(Jetzt hätte ich fast die leckeren Kuchen und Torten am Nachmittag vergessen. Die macht Anna, Ilonas Tochter…)


Bilder: Manfred Horender und Bernd Kupper

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