Auf unserem Flug von Ilulissat nach Nuuk haben wir am Fenster des Flugzeuges wieder einen Logenplatz mit Blick auf die Schönheit und wunderbaren Strukturen dieses Landes.
Auf unserer Weiterreise in den Süden Grönlands legen wir einen Tag Zwischenaufenthalt in der Hauptstadt Nuuk ein, in der mit 16 000 Einwohnern über ein Viertel der Bevölkerung lebt. Es hat sich vieles geändert in der Stadt seit meinem letzten Besuch. Vor allem fallen viele neue Wohn- und Geschäftsgebäude in´s Auge. Gab es vor über zehn Jahren nur eine Fußgängerampel im Ort, so regeln jetzt drei Ampelanlagen den Verkehr. Und: Es gibt einige Bäume. Unsere Begleiterin vor Ort, Grace, zeigt uns stolz alle sieben Weiden in der Stadt, die es nach vielen Jahren des Wachstums auf eine Höhe von drei bis vier Metern gebracht haben.
Nach einer Stadtrundfahrt fahren wir mit einem Kutter hinaus in den weiten Fjord in der Hoffnung, Wale sehen und fotografieren zu können. Ein pensionierter dänischer Verwaltungsbeamter informiert uns fachkundig über die in der Region vorkommenden Meeressäuger. Und tatsächlich: Wir befinden uns schon auf der Rückfahrt und haben die Hoffnung fast aufgegeben, Wale zu sehen, da tauchen unweit des Schiffes mehrere der eindrucksvollen Tiere auf. Es sind Buckelwale. Zuerst werden wir durch den kräftigen Blas aufmerksam, dann sehen wir ihre mächtigen Rücken und schließlich die gewaltigen Fluken beim Abtauchen. Was für ein aufregendes Schauspiel. Die belebten Vogelfelsen inmitten der Bucht bieten weitere gute Motive.
Kaum haben wir das Schiff verlassen, kommt per Telefon eine Einladung zum Kaffee. Es ist keine geringere als Aleqa Hammond, die grönländische Ministerpräsidentin, die uns in ihr Haus am Hafen einlädt. Ich habe Aleqa bei meiner ersten Reise nach Grönland vor 20 Jahren kennen gelernt. Wir verbrachten mehrere Wochen in der Discobucht und ihrem Heimatort Uummannaq, wo sie mir bei den Recherchen für mein Buch half. In den folgenden Jahren trafen mir uns wiederholt bei meinen zahlreichen Grönland-Reisen. Einige Male besuchte sie mich auch in Deutschland.
Aleqa setzte sich schon früher vehement für die Belange ihres Landes und ihrer Mitbewohner ein. Ich prophezeite ihr, dass sie sicher einmal politisch aktiv sein werde mit ihrem Engagement. Und so ist es tatsächlich gekommen: nun sitzt sie uns als neue Ministerpräsidentin gegenüber. Ihre politische Karriere und das hohe Amt haben sie jedoch nicht verändert. Sie hat ihren Humor und Charme behalten. In unserem Gespräch zeigt sich, dass sie sich mit ihrer Regierung und Partei vor großen Aufgaben und Anstrengungen sieht. Wie in vielen europäischen Ländern ist auch Grönlands Bevölkerung überaltert. Außerdem gilt es, die unermesslichen Rohstoffschätze der größten Insel der Erde gut zu verwalten und den Abbau in richtige Bahnen zu lenken. In dem Gestein der Region lagern riesige Mengen an Edelmetallen bis hin zu seltenen Erden. Außerdem hat man enorme Mengen an Erdöl und Gas geortet, die die Begehrlichkeit großer internationaler Konzerne geweckt haben.
Aleqa erläutert uns, dass sie einen Ausverkauf der grönländischen Schätze verhindern will und kein "Sozial Dumping" zulassen wird, indem ausländische Unternehmen mit billigen Arbeitskräften in´s Land kommen und die sozialen Strukturen zerstören. Wie einst zeigt sich Aleqa kämpferisch, entschlossen und authentisch bei ihren Erläuterungen. Sie hat mit ihrer klaren Haltung große Unterstützung in der Bevölkerung, wie wir auf unserer Reise immer wieder hören.
Am nächsten Tag heißt es erst einmal: Warten. Wir sollen um 7:05 weiter fliegen in den Süden nach Narsarsuaq. Dort herrscht jedoch starker Nebel und ein Landung ist unmöglich. Die Gelassenheit der Grönländer hat bereits auf uns abgefärbt, und wir nutzen die Zeit zur Bildbearbeitung.
Gegen Abend landen wir dann doch noch in Narsarsuaq, von wo wir bei Regen und kabbeliger See mit einem Boot übersetzen in die alte Wikingersiedlung Brattahlid (heute Qassiarsuk), wo sich einst Erik der Rote im Jahr 985 mit seiner Gefolgschaft niedergelassen hatte. Aus jener Zeit sind noch einige Grundmauern aus Felssteinen übrig geblieben. Ansonsten leben heute hier Mitarbeiter des Flughafens und einige Schafzüchter. Es fällt auf, dass das Land wesentlich bunter ist als im Norden. Vor allem fällt das satte Grün in vielen Nuancen in´s Auge. Hinzu kommen kleinwüchsige Bäume und Sträucher.
Am Abend landen wir in unserem komfortablen Hotel Qaqortoq im gleichnamigen Ort. Qaqortoq ist mit 3500 Einwohner die Metropole des Südens. Ein schön gelegenes Städtchen mit bunten Häusern zwischen der Bucht und einem großen See, aus dem die Region ihr köstliches Trinkwasser erhält.
Mit einem Besuch des "Zwillings-Gletschers" neigt sich unsere Reise dem Ende zu. Unser freundlicher, dänischer Guide Morten führt uns so nah an den Gletscher heran, dass wir ihn berühren können. Auf dem Rückweg zeigt uns der stolze grönländische Schiffsführer einen mächtigen Vogelfelsen und einen weiteren Gletscher. An einen Wasserfall fährt er so nah heran, dass wird von der Gischt umhüllt werden.
Der nächste Tag ist unser letzter in Grönland. Vorerst jedenfalls; denn wir sind uns alle einig, dass wir zurückkehren wollen in dieses wunderbare Naturparadies. Wir nutzen die Wartezeit bis zum Abflug nach Island mit Bildbearbeitung und einer letzen Besprechung. Wir wurden überschwemmt von Motiven und werden noch einige Zeit zu Hause brauchen, um die intensiven Eindrücke zu verarbeiten und die umfangreiche Bildersammlung zu ordnen.
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